Predigt H.Bohaboj 2023
Als beim Katholikentag in Dresden 1994 eine Sühnewallfahrt nach Theresienstadt (česky: "Terezín") angekündigt wurde, waren 20 Autobusse geplant. Es hätten 60 sein können, so viele wollten daran teilnehmen.
Mit mehr als 1000 Teilnehmern wurde ein Gottesdienst bei der Gedenkstätte in Th. gefeiert. Zum Abschluss gab es eine Andacht im brechend-vollen Dom zu Leitmeritz. Bei dieser Fahrt hat mich der Satz aus dem Magnifikat der Gottes-Mutter sehr bewegt: ‚Mächtige hat er vom Thron gestürzt‘. Denn das haben wir nach 2 Diktaturen selber miterlebt! Mit Maria dürfen wir beten: ‚Meine Seele preist die Grüße des Herrn‘, denn wir können bestätigen: ‚Er hat Großes gewirkt. Er schreibt auch auf krummen Zeilen gerade‘! Bei der Wende hat sich diese Wahrheit bestätigt.
Ähnlich erleben wir das auch mit unserem Wallfahrtsort Quinau/Kvetnov. Er war in der Vergangenheit in dieser Region des Erzgebirges bekannt & beliebt. Hier wird ‚Maria, die Königin des Erzgebirges‘ verehrt! Bereits im Jahre 1342 – also vor mehr als 680 Jahren – wird das Gnadenbild zum ersten Mal erwähnt. Seit dieser Zeit kommen Wallfahrer, verehren die Mutter Gottes und bringen ihre Sorgen und Anliegen zu ihr. Und seit etwa 430 Jahren steht diese Kirche am Wallfahrtsort. Sie war ein kostbares Kleinod im Erzgebirge.
Die Vertreibung der angestammten Bevölkerung und bald danach das raue kirchen-feindliche Klima in der damaligen CSSR brachte es mit sich, dass die Kirche mehr & mehr unansehnlich wurde. In oft infamer Weise wurde versucht, den Glauben auszutrocknen. Denn am meisten kann man gläubige Menschen treffen, wenn man ihre Gebetsstätten zerstört.
Seit Jahren ist diese Wallfahrtskirche wieder ein Ort, an dem gebetet & gesungen wird. Ein Ort, an dem Begegnung zwischen Mensch und Gott, zwischen Alten und Jungen, zwischen Gläubigen von beiden Seiten der Grenze möglich ist. Bei der Einweihung der Chemnitzer Franziskus-Kirche 1983 sagte Bischof Gerhard: Ihr seid die lebendigen Steine, ihr sollt diese Kirche warm beten. Das ist in Quinau längst geschehen. Die Diözese Leitmeritz & die Pfarrgemeinden von Görkau und Komotau mit ihren Pfarrern haben viel dafür getan. Und vielen, die vor der Vertreibung hier gewohnt und die Muttergottes verehrt haben, war es ein Herzensanliegen mitzuhelfen, dass dieser Wallfahrtsort wieder blüht. Inzwischen ist Quinau auch für die heutigen Bewohner diesseits & jenseits der Grenze zu einem vertrauten Gebetsort geworden. Eine gute Tradition, die wir pflegen & der nächsten Generation weiter geben wollen. Denn – Sie kennen den Ausspruch – ‚Tradition pflegen ist die Weitergabe des Feuers, nicht das Bewahren der Asche‘.
‚Vom Hl. Geist geführt‘ so beginnt das Tagesgebet zum Fest Maria Heimsuchung. Vom Hl. Geist erfüllt sind Maria und Elisabeth bei ihrer Begegnung. Vom Hl. Geist erfüllt, loben sie Gott und preisen Ihn für das Große, das Er an ihnen gewirkt hat. Das ist es, wozu das heutige Fest auch uns ermutigen will. Gott preisen für das Gute, für das Große, das wir durch Ihn erfahren haben.
Vom Hl. Geist erfüllt, denn seit unserer Taufe sind wir Kinder Gottes. Sein Hl Geist wurde uns geschenkt. Er stärkt & erleuchtet uns. Er macht uns fähig, als mündige Christen zu leben und zu handeln.
Gottes Geist bewirkt Unerhörtes & Neues, so wie er in Maria der Menschheit einen neuen Anfang geschenkt hat: Sie hat Ja gesagt zu Gottes Plan und durfte Mutter des Erlösers werden.
In einem Adventslied besingen wir Maria, die durch einen Dornwald geht. Dornwald – ein Bild für die unerlöste Menschheit, ein Bild für unsere Welt. Von Dornen können wir nichts erhoffen. Dornen geben keine Heimat. Doch als Maria, gesegnet mit Jesus Christus, als Christus-Trägerin durch diese dornenvolle Welt geht, da haben die Dornen Rosen getragen! Da wird neue Hoffnung geschenkt. Ein starkes Bild & ein Auftrag für uns Christen: Seit unserer Taufe – gestärkt mit heiligen Geist – sind auch wir Christus-träger geworden. Was tragen wir in diese Welt? Unsere Hoffnung, unser Vertrauen in einen Gott, der uns in seinem Wort, in den Sakramenten, in unserem Nächsten begegnet. Auch unsere Liebe & unsere Bereitschaft zu Versöhnung & Neuanfang. Werte, die für die Neugestaltung des eigenen Lebens, aber auch des Miteinanders im Kleinen & zwischen Völkern so wichtig sind. Unsere oft so dornenvolle Welt hofft & möchte erleben, dass Menschen, die aus dem Wasser und dem Heiligen Geist wiedergeboren wurden, begeisterte Menschen sind, die eine frohe Botschaft verkünden.
Die Lesung vom Mittwoch in der Osterwoche berichtet: Petrus & Johannes begegnen einen Gelähmten. Der schaut auf zu den Aposteln & hofft auf eine Gabe. Petrus sagt zu ihm: Gold und Silber habe ich nicht. Aber was ich habe, das gebe ich Dir: Im Namen Jesu stehe auf!
Eine großartige Aufgabe der Kirche heute, eine Aufgabe für jeden von uns. Es geht nicht um Gold & Silber, es geht um unser Zeugnis als Christen! Die aktuellen politischen oder finanziellen Krisen werden wir nicht lösen. Aber das Bewahren der Werte unserer christlichen Kultur, unsere Haltung voll Güte & Barmherzigkeit, von Frieden & Versöhnung, die das Erzgebirge, die unsere Länder geprägt hat – das sollte schon unsere Sorge sein – und unser Gebetsanliegen, mit dem wir zu Maria kommen. Amen